Helle Sumpfschwebfliege an einer Blüte des Strauch-Efeus
(© Klaus Eckel)
Gute Vorsätze für ein neues Gartenjahr
„Spätestens ab Anfang Februar warten viele Gartenbesitzer ungeduldig auf die ersten warmen Tage im Frühjahr – jedenfalls mir geht es so. Und da ein neues Jahr immer mit guten Vorsätzen verbunden wird, warum dann nicht auch ein neues Gartenjahr? Warum dann nicht mal etwas für die Insektenwelt tun? Zum Beispiel keinen Kirschlorbeer mehr pflanzen“, so Angelika Eckel von der BUND Kreisgruppe Wesel. „Aber was dann?“
Der aus Kleinasien stammende Kirschlorbeer spaltet die Gemüter. Auf der einen Seite ein dichter, immergrüner Sichtschutz und auf der anderen Seite – aus ökologischer Sicht – ziemlich nutzlos. Nicht nur nutzlos, die Pflanze schadet dem Ökosystem, da sie sich auch außerhalb von Gärten verbreitet und heimischen Gewächsen den Platz streitig macht. Deshalb steht die Pflanze auf der grauen Liste der potenziell invasiven Arten des Bundesamts für Naturschutz. In der Schweiz ist Verkauf und Einfuhr von Kirschlorbeer seit dem 1. September 2024 sogar verboten. Seine Blüten bieten Wildbienen und anderen Insekten kaum Nektar. Seine Blätter enthalten Gifte: ihr Pflanzensaft kann bei Kontakt zu Hautirritationen führen. Außerdem lassen sie sich schwer kompostieren, weswegen sie mitunter in der Natur abgeladen werden. Wer eine Kirschlorbeerhecke gepflanzt hat, wird bald feststellen, dass der Strauch wuchsstark ist und ein Pflegeschnitt jede Menge Arbeit machen kann.
Strauch-Efeu: für viele Sechsbeiner ein attraktives Restaurant im Herbst
Efeu (Hedera helix), ein Klettergehölz, durchläuft im Laufe seines Lebens zwei Phasen: in den ersten acht bis zehn Jahren bildet er lange Ranken und klettert an Mauern, Grabsteinen und Baumstämmen empor zum Licht – blüht aber nicht. Seltener ist seine Altersform – der Strauch-Efeu (Hedera helix „Arborescens“) – zu sehen, ein wintergrüner nicht kletternder Strauch, der im Herbst blüht. Sehr alte Exemplare können sogar das Aussehen eines Baumes erlangen.
Der Strauch-Efeu ist eine grandiose Alternative zum Kirschlorbeer, ebenfalls immergrün und ebenfalls recht anspruchslos, aber ökologisch um so Vieles wertvoller. Er blüht nämlich gerade dann (September – November), wenn die Blütenpracht des Sommers nachlässt, und das Nahrungsangebot für Honigbienen, Hummeln, Schwebfliegen und viele andere Insekten knapp wird. Aber nicht nur weil Nahrung knapp wird, werden die grünlichgelben Blüten des Strauch-Efeus von zahlreichen Besuchern umschwirrt, die Blüten haben reichlich Nektar und Pollen im Angebot[1]. An einem sonnigen Herbsttag könnte man meinen, fast alles, was sechs Beine hat, kommt vorbei. Und nicht nur, um Nektar und Pollen zu ernten, sondern auch, wie z.B. Hornissen, um auf die Jagd zu gehen. Denn bei so viel Andrang muss die Jagd auf andere Sechsbeiner erfolgreich sein. Die über den Winter heranreifenden blauschwarzen Früchte sind für einige Vögel im zeitigen Frühjahr eine wichtige Nahrungsquelle, vor allem Stare, Amseln und andere Drosseln fressen sie gerne. Allerdings sind sämtliche Pflanzenteile des Gemeinen Efeus für Menschen und viele Säugetiere giftig. Zeichen der Vergiftung können schon nach Einnahme von zwei bis drei Beeren auftreten. Diese Tatsache sollte man bedenken, wenn kleine Kinder den Garten nutzen. Zweige mit Früchten eignen sich außerdem hervorragend in der Floristik sowie als natürliche Dekoration in der Weihnachtszeit.
Und noch ein Pluspunkt für den Strauch-Efeu: Er ist schneckenunempfindlich!
Die Efeu-Seidenbiene
Wenn der Strauch-Efeu blüht, haben die allermeisten solitär lebenden Wildbienen – anders als die Staaten bildenden Hummeln oder Honigbienen – ihren Lebenszyklus bereits beendet. Mit einer Ausnahme: Die zu den Seidenbienen gehörende Efeu-Seidenbiene (Colletes hederae) hat sich auf das Sammeln von Efeupollen als Nahrung für ihre Larven spezialisiert. Sie fliegt deshalb zur Blütezeit des Efeus ab September bis in den November hinein, was für Wildbienen sehr spät im Jahr ist. Ihre Nester legt die Efeu-Seidenbiene im Boden an, wobei sie mit unterschiedlichen Untergründen zurechtkommt. So wurden Nester in Sanden (Flugsand, Verwitterungssande, sogar in Sandkästen von Spielplätzen[2]), Löß, Lehm und humoser Gartenerde gefunden.
Interessant ist, dass die Efeu-Seidenbiene im gut erforschten Mitteleuropa erst 1993 von Paul Westrich und Konrad Schmidt als eigenständige Art beschrieben wurde.
Seither wurden auf unterschiedlichen Naturmeldeplattformen zahlreiche Efeu-Seidenbeinen-Beobachtungen gemeldet, so auch für den Niederrhein. Hier wurde sie zum Beispiel auf dem alten Friedhof in Wesel, im Xantener Stadtgebiet unweit des Archäologischen Parks oder in Dinslaken, Nähe Emschermündung gesehen.
Die Efeu-Seidenbiene ist im Bestand nicht gefährdet. Um ihrer Art auch in Zukunft ein lebenswertes Umfeld zu bieten, ist der Erhalt alter Efeu-Bestände bzw. deren Neuanpflanzung wichtig.
Strauch-Efeu: ökologische Alternative zum Kirschlorbeer
Strauch-Efeu ist eine grandiose Alternative zum geschmähten Kirschlorbeer. Er wird über Stecklinge vermehrt und gedeiht an sonnigen Standorten sowie im Schatten auf nährstoffarmen, durchlässigen, humosen Böden. Er ist zur Unterpflanzung höherer Bäume ebenso geeignet wie als Kübelpflanze für Balkon und Terrasse.
Damit Strauch-Efeu einen schönen, kompakten und dichten Busch entwickelt, sollten Wachstumsspitzen – am besten im Frühjahr und auf keinen Fall während seiner Blütezeit im Herbst – zurückgeschnitten werden.
Strauch-Efeu: Vermehrung:
Strauch-Efeu ist als Hedera helix „Arborescens“ im Handel. In „Arborescens“ steckt übrigens das lateinische Wort „arbor“ für „Baum“. Bis geschlechtlich vermehrter (d.h. aus Samen gekeimter) Efeu Blüten entwickelt, dauert es etwa zehn Jahre. Schneller geht es, wenn die blühfähige Altersform des Efeus, der Strauch-Efeu, über Stecklinge vermehrt wird. Die Stecklinge wachsen strauchförmig, und Gärtner, Insekten und Vögel können sich direkt über Blüten und Früchte freuen.
Strauch-Efeu lässt sich im Frühling und Herbst gut durch Stecklinge vermehren, einfach in ein Anzuchtgefäß einige 10-15 cm große Stecklinge setzen. Um die richtigen Stecklinge zu schneiden, sollte man auf die Blätter achten: Die Altersform des Efeus hat eiförmige, ungelappte Blätter, die der rankenden Jugendform sind dreifach gelappt, d.h. sie haben Einschnitte/Einbuchtungen am Rand. Die Blätter der Stecklinge bis auf zwei oder drei entfernen. Darauf achten, dass die Pflanzerde im Anzuchtgefäß weder austrocknet noch sich Wasser ansammelt. Robuste Efeu-Sorten können an geschützten Plätzen auch direkt im Garten schon ab Ende Februar bis Ende März gesteckt werden.
Der Strauch-Efeu kann im Topf für Balkon und Terrasse kultiviert werden oder ins Freiland ausgepflanzt werden. Wird er zu groß oder entwickelt er den einen oder anderen Ausläufer, kann er problemlos zurückgeschnitten werden.
Stecklinge = Klone – Ist das kein Problem?
Nun werden manche bemängeln, dass Stecklinge nichts anderes als Klone der Mutterpflanze sind, also alle identisches Erbgut haben. Dagegen werden bei einer geschlechtlichen Vermehrung die Gene zweier Pflanzen mit weiblichen Eizellen und männlichen Samenzellen neu zusammengesetzt: die Pflanzenpopulation wird genetisch vielfältiger. Genetische Vielfalt ist der Schlüssel zur Anpassungsfähigkeit und Überlebensfähigkeit von Arten. Genetische Vielfalt sorgt für die notwendige Variabilität, damit Populationen auf Umweltveränderungen (z.B. Klimaerwärmung) und neue Fressfeinde effektiv reagieren können. Die eine oder andere Pflanze einer Art wird aufgrund ihrer genetischen Ausstattung besser z.B. mit Klimaveränderungen zurechtkommen und sorgt somit dafür, dass die Art überlebt, während andere Pflanzen derselben Art eingehen, weil sie nicht mit sich ändernden Umweltbedingungen zurechtkommen. Insofern ist grundsätzlich die geschlechtliche Vermehrung vorzuziehen, um möglichst widerstandsfähige Pflanzen zu erhalten. Beim Efeu gilt für die geschlechtliche Vermehrung sogar, dass eine Selbstbefruchtung ausgeschlossen ist. Im speziellen Fall gilt für den Strauch-Efeu, dass diese Pflanze sehr robust ist und mit vielen unterschiedlichen Umweltbedingungen zurechtkommt. Der Vorteil für Insekten im Herbst und selbst noch Spätherbst am Strauch-Efeu ein reichhaltiges Buffet vorzufinden, überwiegt die Nachteile der Stecklingsvermehrung in diesem Fall.
Angelika Eckel meint: „Ich hoffe, euch zu ermutigen, ebenfalls einen guten Gartenvorsatz in die Tat umzusetzen. Gute Gartenvorsätze gehören zu den vielen praktischen Schritten, die wir unternehmen können, um mehr kleine Gartenbewohner an unserem Gartenglück teilhaben zu lassen und so die Artenvielfalt zu fördern. Für mich beginnt die Rettung des Planeten mit der Pflege meines eigenen Stückchens Boden. Und wenn wir schon dabei sind: Auf Pestizide sollten wir auf jeden Fall verzichten, ebenso auf Blumen mit gefüllten Blüten – seien es Rosen, Geranien, Narzissen, Dahlien oder andere. Um Pflanzensorten mit gefüllten Blüten zu bekommen, werden Staubblätter, auf denen die Staubbeutel mit den Pollen sitzen, zu Blütenblättern umgezüchtet: Bestäuber gehen leer aus, denn es gibt keinen Pollen mehr, und an den Nektar kommen sie nicht heran, da die zusätzlichen Blütenblätter den Weg versperren. Und die allseits beliebten Geranien, die korrekt eigentlich Pelargonien heißen, haben Bestäubern ebenfalls nicht viel zu bieten. Also auch besser gleich alle Pelargonien im Gartencenter stehen lassen!“
Informative Links zum Thema:
Strauch-Efeu:
https://www.naturadb.de/pflanzen/hedera-helix-arborescens/
https://www.mein-schoener-garten.de/natur-tiere/natur/efeu-so-giftig-ist-der-kletterstrauch-36996
Efeu-Seidenbiene:
https://www.wildbienen.info/steckbriefe/colletes_hederae.php
https://www.wildbienen.info/downloads/schmidt_westrich_34.pdf
[1] attraktiver Nektar- und Pollenwert von jeweils 3 (auf einer Skala von 0-4)
[2] was ihr den Spitznamen „Sandkastenbiene“ eingebracht hat.
Der Strauch-Efeu (Hedera helix "Arborescens") ist im Herbst ein Tummelplatz für Insekten und eine tolle Alternative zum Kirschlorbeer.

