BUND-Kreisgruppe Wesel

Plastik im Boden: Welche Folgen hat das für die Bodenorganismen?

Die Vermüllung mit Plastik ist nicht nur ein Problem in den Ozeanen - auch unsere Böden sind mit Plastikabfällen kontaminiert. Vor allem Mikroplastik kommt inzwischen fast überall in den Böden vor.

Schon länger zeigen Studien, dass vor allem Mikroplastik inzwischen fast überall in den Böden vorkommt. Reifenabrieb macht einen nicht unerheblichen Teil der Belastung aus. Der Kunststoff gelangt außerdem unter anderem über in der Landwirtschaft verwendete Abdeckfolien oder über ungenügend gereinigten organischen Dünger in den Boden. Das Wegwerfverhalten vieler unserer Mitmenschen – Müll wird einfach da entsorgt, wo wir gehen und stehen oder aus dem Autofenster geschmissen – trägt ebenfalls zur Plastikbelastung der Böden bei. Sturm und Starkregen/Überschwemmungen verteilen die vielen Plastikpartikel in unserer Umwelt. Sind die Plastikteile längere Zeit Sonne, Wind und Regen ausgesetzt, zersetzen sie sich und zerfallen zu Mikroplastik.

„Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen reinigen Wasser und Luft und sorgen für fruchtbare Böden. Intakte Selbstreinigungskräfte der Böden und Gewässer sind wichtig für die Gewinnung von Trinkwasser. Die natürliche Bodenfruchtbarkeit sorgt für gesunde Nahrungsmittel. Dies alles funktioniert nicht mechanisch, sondern läuft in einem komplexen Wirkungsgefüge ab. Ökosysteme verfügen über eine hohe Aufnahmekapazität und Regenerationsfähigkeit – aber sie sind nicht beliebig belastbar“ (Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt 2007, Seite 6).

RhineCleanUp 2021: Große Teile RhineCleanUp 2021: Große Teile  (© Michael Zerkübel)

Beim letzten RhineCleanUp im September 2021 sammelten wir Plastikmüll im Naturschutzgebiet der ehemaligen Kiesabgrabung Westerheide in Wesel-Flüren. Alle Helfer*innen konnten hier mit eigenen Augen sehen, wie viele Plastikabfälle der Rhein bei Hochwasser angespült hat. Viele Plastikteile lagen schon längere Zeit dort, und so fanden wir immer wieder Plastikteile, die beim Anfassen zerbröselten, also in kleinste Plastikpartikel bis hin zu Mikroplastik zerfielen.

Der Zustand der Böden ist entscheidend für das gesamte Leben an Land. In einer Handvoll Boden (ca. ein Kubikdezimeter) leben circa fünf Milliarden Organismen, winzige Geißel- und Rädertierchen, Milben, Springschwänze, Fadenwürmer bis hin zum größeren Regenwurm. Sie alle sorgen dafür, dass neuer Humus entsteht, die Böden durchlüftet werden und Wasser gut versickert. Das wiederum ermöglicht das Wachstum von Pflanzen und bildet somit die Grundlage für die Vegetation und die Nahrungsketten an Land.

Regenwürmer leiden unter Mikroplastik im Boden Regenwürmer leiden unter Mikroplastik im Boden  (© Patricia Maine Degrave / Pixabay)

Doch welche Folgen hat die Plastikbelastung der Böden für die Bodenbewohner?

Untersuchungen zur Auswirkung von Mikroplastik auf Böden sind relativ neu. Der Pflanzenökologe Prof. Dr. Matthias Rillig von der Freien Universität Berlin hat 2012 als einer der ersten eine Studie zu Mikroplastik in Böden durchgeführt. In einer Überblicksstudie haben Wissenschaftler*innen die Ergebnisse der bislang durchgeführten Forschungen zu diesem Thema zusammengetragen: Bei vielen Bodenbewohnern scheint das Mikroplastik Fortpflanzung und Stoffwechsel zu beeinträchtigen.
So wurde (in Laborversuchen) festgestellt, dass

  • Bodenorganismen das Mikroplastik im Boden weiter verteilen.
  • Bodenorganismen das Mikroplastik fressen (im Kot von Regenwürmern wurde Mikroplastik gefunden)
  • sich Mikroplastik auch im Organismus der Bodenbewohner anreichert (abhängig von der Größe des Mikroplastiks und dem Organismus)
  • Mikroplastik negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit der Bodenlebewesen hat: Regenwürmer, Fadenwürmer, Rädertierchen und Springschwänze haben weniger und kleinere Nachkommen.
  • Mikroplastik verursacht entzündliche Veränderungen und oxidativen Stress (Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Radikalfängern)

Angesichts der Bedeutung von Regenwurm und Co für die Fruchtbarkeit unserer Böden sind diese Erkenntnisse durchaus beunruhigend.
Für viele Regionen und Böden ist bisher kaum bekannt, wie viel Mikroplastik sich tatsächlich im Boden befindet und inwieweit diese Werte den im Laborversuch getesteten Konzentrationen entsprechen. In jedem Fall ist der Forschungsbedarf hinsichtlich der Auswirkungen des Mikroplastiks auf den Boden und seine Bewohner enorm.


Quellen/zum Weiterlesen:
Technische Universität Berlin; BMBF-Projekt „Entwicklung Neuer Kunststoffe für eine Saubere Umwelt unter Bestimmung Relevanter Eintragspfade“ (ENSURE)
Regenwürmer transportieren Mikroplastik in den Boden
Wie wirkt Mikroplastik auf Bodenorganismen?