Lichtverschmutzung wirkt sich auf den ersten Blick besonders gravierend auf Insekten aus, die von künstlichem Licht geradezu angezogen werden und nach stundenlangem Kreisen um die Lichtquelle an Erschöpfung zugrunde gehen.
Doch die Folgen sind wesentlich komplexer: Verlieren z. B. nachtaktive Schmetterlinge durch Lichtverschmutzung die Orientierung, können sie nicht als Bestäuber für Pflanzen dienen. Künstliches Licht zieht nicht nur Insekten an, sondern auch deren Fressfeinde – z. B. lichtunempfindliche Fledermäuse. Die finden einen reichlich gedeckten Tisch und dezimieren die Insektenarten übermäßig. Lichtscheue Fledermäuse gehen leer aus. Auch wirkt Licht auf viele Arten wie eine Barriere und beeinträchtigt manche Art in ihrem Wanderungsverhalten – mit weitreichenden Folgen für die Fortpflanzung.
Aber auch Pflanzen selbst sind durch Lichtverschmutzung direkt beeinträchtigt: Bäume, die unmittelbar neben einer Straßenlaterne wachsen, werfen ihr Laub im Herbst später ab und laufen Gefahr, Frostschäden zu erleiden. Oder sie bilden Blüten viel zu früh aus und das natürliche Zusammenspiel zwischen Blütezeit und dem Lebenszyklus der bestäubenden Insekten ist nicht mehr synchron.
Und nicht zuletzt: Künstliches Licht schädigt auch die menschliche Gesundheit. Der für den menschlichen Schlaf wichtige Melatonin-Haushalt wird gestört. Die Folgen können Herz-Kreislauf-Probleme, Diabetes, neuronale Krankheiten und Krebserkrankungen sein. Hierauf weisen das Bundesumweltamt und das Büro für Technikfolgen-Abschätzung des Deutschen Bundestages hin.
Wir werden nicht auf künstliche Beleuchtung verzichten können und wollen. Aber wir können am Haus und im Garten kleine Oasen schaffen, in denen die Lichtuhr ganz natürlich weitertickt – zum Wohl von Mensch, Tier und Umwelt.
Es gilt die Formel „So wenig Licht wie möglich“. Dies kann erreicht werden, indem die folgenden Aspekte optimiert werden:
Licht dahin lenken, wo es gebraucht wird
Licht soll in ausreichendem Maße in die Bereiche geführt werden, wo es benötigt wird. Durch Abdeckungen kann verhindert werden, dass Licht nach oben oder in die Horizontale abstrahlt, denn beides wirkt sich besonders negativ auf Insekten aus – ganz besonders Bodenscheinwerfer, die ein Gebäude von „unten nach oben“ ausleuchten. Ideal ist ein möglichst steiler Winkel nach unten. Mitunter hilft es schon, wenn vorhandene künstliche Lichtquellen in einem anderen Winkel montiert werden.
So viel Leuchten wie nötig, so wenig wie möglich
Auch die Anzahl von künstlichen Lichtquellen ist eine wirksame „Stellschraube“: Wie viele Leuchten braucht es, um einen bestimmten Bereich so zu beleuchten, dass wir genug sehen? Mitunter kann die Anzahl künstlicher Lichtquellen durch Anbringen von Reflektorelementen (z. B. Teile eines ausgedienten PKW-Warndreiecks) wirksam reduziert werden. Das menschliche Auge ist ein Wunderwerk und kommt mit relativ wenig Licht zu Rande. Reflektorelemente sind für eine Orientierung insbesondere in vertrautem Umfeld oft ausreichend.
Eine nachhaltige Emission und warmes Licht
Künstliche Beleuchtung sollte auf Ultraviolett- und Infrarot-Emissionen verzichten. Menschen nehmen diese ohnehin nicht wahr, aber Insekten bringt es völlig durcheinander. Bei der Anschaffung von Leuchtmitteln kann darauf ebenso geachtet werden wie darauf, dass „warmweißes“ Licht, also mit geringem Blaulichtanteil, genutzt wird.
Sowohl UV- und IR-armes als auch warmweißes Licht erlauben dem Menschen ein gutes Sehen und insbesondere eine gute Farberkennung. Wenn eine Neuinstallation der Garten- oder Hausaußenbeleuchtung ansteht, kann dies zum Auswahlkriterium der Leuchtmittel herangezogen werden.
Gutes Timing
Ein „Weniger an Licht“ erreicht man auch durch eine zeitliche Bedarfssteuerung. Eine Nachtabschaltung z. B. zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens ist durch eine handelsübliche Zeitschaltuhr oft leicht zu realisieren (bitte technische Gegebenheiten berücksichtigen und Fachleute fragen!). Mitunter kann über den Einsatz von Bewegungsmeldern der Lichtbedarf genauestens gesteuert werden.
Zudem bietet der Einsatz moderner stromsparender LEDs nicht nur einen Vorteil für den Geldbeutel und die Klimabilanz, sondern es gibt sie Ultraviolett- und Infrarotarm, zudem mit geringem Blaulichtanteil und vor allem: sie sind dimmbar. Je nach Nachtzeit können dort, wo ein völliger Verzicht auf künstliche Beleuchtung nicht möglich ist, die Lichtmengen erheblich reduziert werden, z. B. ab 22.00 Uhr auf 50 % und ab Mitternacht auf 30 %. Dimmunterschiede in diesen Größenordnungen werden vom menschlichen Auge kaum wahrgenommen – die Insekten werden es Ihnen danken.